Wege durch die Sammlung

Private Andacht

Nicht alle Kunstwerke des Mittelalters wurden für die Feier der Liturgie und für die Ausstattung der Kirchen angefertigt. Ab dem 14. Jahrhundert entstanden in wachsender Zahl kleinformatige Bilder, Skulpturen und Grafiken für die private Frömmigkeitsausübung einzelner Gläubiger. Darstellungen des Gekreuzigten mit überdeutlichen Wundmalen oder des Auferstandenen als „Schmerzensmann“ sollten das Leiden Christi nacherlebbar machen und zum Mitleiden (compassio) auffordern. Zu jenen Andachtsbildern gehört auch die sog. Pietà (ital. Mitleid): Maria betrauert ihren toten Sohn, den sie auf ihrem Schoß dem Betrachter präsentiert. Bilder dieser Art appellieren immer auch an die Emotionen ihrer Betrachter. Aus süddeutschen Frauenklöstern ist überliefert, dass Nonnen bei der Betrachtung kleiner Christkindwiegen die Geburt Jesu nacherlebt haben sollen. Unmittelbar zur Gebetsausübung wurden Paternosterketten und Rosenkränze hergestellt. Manchmal sind einzelne Rosenkranzglieder als Wendehäupter geschaffen – halb Mensch, halb Skelett – und erinnern an die Vergänglichkeit des irdischen Lebens. Für jedermann erschwinglich waren die häufig in minderer künstlerischer Qualität entstandenen kleinen Tonfigürchen oder Papiermassereliefs. Kleinen grafischen Andachtsbildern, die an Wallfahrtsstätten verkauft wurden, schrieb man eine besondere Wirkmacht zu: Durch Berührung mit den Reliquien waren z.B. die sog. Dreikönigenzettel mit Heilkraft aufgeladen und konnten den Besitzer vor manchem Unheil schützen. Schluckbilder konnten als heilige Medizin sogar verzehrt werden.

 Vision des Hl. Bernhard Niederrhein, 1. H. 14. Jh., Federzeichnung auf Papier, Tusche, teils farbig laviert, 25,5 x 18 cm, Inv.-Nr. M 340 © Rheinisches Bildarchiv

Vision des Hl. Bernhard
Niederrhein, 1. H. 14. Jh.

 Pietà , Rheinland, um 1380/90, Nussbaum, H. 45,5 cm, Inv.-Nr. A 1052, © Rheinisches Bildarchiv

Pietà
Rheinland, um 1380/90

 Klappaltärchen mit Kreuzigung Köln, um 1500, Kupfer, vergoldet und teilversilbert, 15,2 x 15,6 cm (geöffnet), Inv.-Nr. G 556 © Rheinisches Bildarchiv

Klappaltärchen mit Kreuzigung
Köln, um 1500

 Christkindwiege, Köln, um 1340-1350, Eiche, Stuck und Pergament, H. 31 cm, Inv.-Nr. A 779, Museum Schnütgen (aus dem Wallrafianum) © Rheinisches Bildarchiv

Christkindwiege
Köln, um 1340-1350

 Schmerzensmann, von Carben-Meister, Köln, um 1510-20, Lindenholz, H. 23 cm, Inv.-Nr. A 1029, © Rheinisches Bildarchiv

Schmerzensmann
von Carben-Meister
Köln, um 1510-20

 Tonstatuette der Hl. Ursula mit ihren Gefährtinnen Siegburg, um 1500, weißer Pfeifenton,  H. 13,1 cm, Inv.-Nr. E 55 © Rheinisches Bildarchiv

Tonstatuette der Hl. Ursula mit ihren Gefährtinnen
Siegburg, um 1500

 Hiob im Elend, Oberrhein oder Schwaben, um 1500, Lindenholz, H. 26,5 cm, Inv.-Nr. A 1066 © Rheinisches Bildarchiv

Hiob im Elend,
Oberrhein oder Schwaben, um 1500

 Paternosterschnur Spanisch-mexikanisch, letztes Viertel 16. Jh., Schädelperlen aus Hartholz mit Mikroschnitzereien auf Kolibrifedern, Silber vergoldet mit Email, L. 39 cm, Inv.-Nr. A 1059 © Rheinisches Bildarchiv

Paternosterschnur
Spanisch-mexikanisch, letztes Viertel 16. Jh.

 Wendehaupt als Rosenkranzglied (Vorderseite), Deutschland (?), 17. Jh.,  Elfenbein mit Fassungsresten, H. 3,8 cm, Inv.-Nr. B 129,  © Rheinisches Bildarchiv

Wendehaupt als Rosenkranzglied (Vorderseite)
Deutschland (?), 17. Jh.

 Wendehaupt als Rosenkranzglied (Rückseite),  Deutschland (?), 17. Jh.,  Elfenbein mit Fassungsresten, H. 3,8 cm, Inv.-Nr. B 129,  © Rheinisches Bildarchiv

Wendehaupt als Rosenkranzglied (Rückseite)
Deutschland (?), 17. Jh.

 Gebetsnuss in Form des Kopfes der Jungfrau Maria, Deutschland (möglicherweise Niederlande), 16. Jh., Obstbaumholz, 6,7 x 5,2 cm, Inv.-Nr. A 997 © Rheinisches Bildarchiv, Köln

Gebetsnuss in Form des Kopfes der Jungfrau Maria, Deutschland (möglicherweise Niederlande), 16. Jh.